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Antworten von:
Florian Schardt - SPD

Fragen an die Landtagskandidat*innen

1. Welche konkreten Vorhaben werden Sie in der nächsten Landtagsperiode angehen, um den Umstieg auf den ÖPNV bzw. regionalen Schienenverkehr und die Verlagerung von Waren- und Güterverkehr auf Schiene und Schiff fördern?

Der ländliche Raum muss gestärkt werden, das entlastet auch den Dampfkessel München. Ziel muss ein flächendeckender 10-Minutentakt bei der S-Bahn sein. Darauf müssen wir Schritt für Schritt hinarbeiten. So ärgerlich die bisherige Entwicklung bei der zweiten Stammstrecke ist: Die Alternativen werden nicht ausreichen, das Nadelöhr zu beseitigen und die Außenäste pünktlich, sicher und weniger vollgestopft zu bedienen. Eingleisige Strecken, wie bisher auf der S7, müssen überwunden werden.

Für die geplante Verlängerung der U5 über Neubiberg und Ottobrunn nach Taufkirchen / Gewerbegebiet Brunnthal (neuer TU-Campus) braucht es verlässliche Unterstützung durch den Freistaat. Die neue Endstation läge sowohl an der B471 als auch der A8. Durch P+R und ein leistungsfähiges Busterminal ließe sich der Nutzen dieser U-Bahn bis weit ins Hinterland hinaus verlängern. Der Verkehr nach München würde abnehmen, die P+R Stationen in Neuperlach-Süd und Michaelibad würden entlastet.

Die Barrierefreiheit muss weiter ausgebaut werden. Sowohl an den Haltestellen als auch digital, indem bspw. Ausfälle bei Aufzügen möglichst schnell und anwenderfreundlich gemeldet werden.

Die Einführung des Deutschlandtickets war ein wichtiger Schritt hin zu einem einfachen und preislich attraktiven Tarif. Das muss weiterentwickelt werden. Derzeit gilt bei Schülerinnen und Schülern die willkürliche Regel, dass Grundschüler ab 2km Schulweg, die älteren ab 3km ein kostenloses 365-Euro-Ticket bekommen. Nur ein Meter weniger: Pech gehabt. Der bürokratische Aufwand der Prüfung ist enorm. Man sollte den Mut haben, allen Jugendlichen in Ausbildung ein kostenloses Deutschlandticket zu geben. Ein nicht unerheblicher Teil der Kosten dürfte alleine durch den Entfall an Bürokratie finanziert werden.

Beim Güterverkehr stehe ich zum zügigen Ausbau des Brenner-Nordzulaufs. Sowohl Italien als auch Österreich haben den Freistaat (weit) abgehängt.

Im Übrigen muss verstärkt intermodal und vernetzt geplant werden. Bei uns im Landkreis München machen wir bspw. exzellente Erfahrungen mit On-Demand-Angeboten.

2. Mit welchen industrie- und arbeitsmarktpolitischen Ansätzen werden Sie die Mobilitätswende in Bayern vorantreiben?

Auch völlig losgelöst von der Verkehrswende brauchen wir in Bayern weiterhin eine starke Industrie. In keinem anderen Sektor werden so gute Löhne für unterschiedlichste Qualifikationen (vom ungelernten Schrauber bis zur promovierten Physikerin) bezahlt. Das Steueraufkommen ist überdurchschnittlich hoch, damit trägt die Industrie in erheblichem Umfang zur Finanzierung des Gemeinwesens bei.

Industrie lässt sich nicht auf dem Reißbrett planen, das Gros kommt aus den Unternehmen selbst, immer unter Einbeziehung der Beschäftigten. Den größten Hebel hat ein Bundesland bei ihrem mit Abstand größten Haushaltsposten, der Bildung. Beginnend in der Kita bis hin zu Weiterbildung und Umschulung. Drei Punkte sind zentral:

1. Vereinbarkeit von Familie und Beruf verlässlich ermöglichen, Personalmangel anpacken. Zwei Fachkräfte weniger im Kindergarten sind 20 Fachkräfte weniger an anderer Stelle, deren Steuern dann auch zur Finanzierung fehlen. Skandinavien zeigt wie es geht: Kleinere Gruppen, faire Bezahlung, weniger Bürokratie.

2. Mehr Gewicht auf die Berufsorientierung an Schulen. Weniger Studien- und Ausbildungsabbrüche kommen allen zugute: den Betrieben, den öffentlichen Haushalten, vor allem aber den jungen Menschen.

3. Ein geeigneter rechtlicher Rahmen, gute Beratung und ein ausreichendes Angebot, um allen Beschäftigten ein passendes Weiterbildungsangebot machen zu können.

Daneben hat der Freistaat zwei weitere Hebel, für gute Standortfaktoren zu sorgen:

1. In der Energiepolitik, wo sehr viel Augenmerk auf Speicher und Leitungen gelegt werden muss. Das Potential der Geothermie unterschätzt. Versäumtes muss zügig aufgeholt werden.

2. Bei der Vereinfachung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Der Staat ist zu kompliziert geworden. Es braucht dringend eine Vereinfachung – für Betriebe und Verwaltungen gleichermaßen.

3. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie zur Beschleunigung der notwendigen Ausbaumaßnahmen zur Flankierung der Mobilitätswende?

Energiepolitik und Digitalisierung waren in den letzten 20 Jahren in Deutschland insgesamt kein Ruhmesblatt, Bayern ist da keine Ausnahme. Nicht nur bei der Windenergie, auch bei den Stromleitungen hat Bayern gegenüber den nördlichen Bundesländern den Anschluss verloren. Eine schlüssige Energiespeicherstrategie fehlt. Bayern setzt zu einseitig auf Wasserstoff. Dabei hätten wir mit unserer Industrie- und Forschungslandschaft beste Voraussetzungen für einen breiteren Ansatz. Darin sehe ich eine Chance: Bayern als technologischer Vorreiter für Speichertechnologien. Dies könnte ein (!) Ansatz sein, entfallende Wertschöpfungsstufen (z.B. beim Bau von Verbrennungsmotoren) zu kompensieren.

Genehmigungen brauchen zu lange. Der Abbau von Bürokratie ist dringend erforderlich. Die Digitalisierung der Verwaltung folgt zu sehr einer Logik aus Katalogen, die abgehakt werden. Ob ein digitaler Prozess gut oder schlecht ist, spielt kaum eine Rolle, Hauptsache er ist digitalisiert. Hier will ich insbesondere meine Kenntnisse aus der digitalen Wirtschaft einbringen, um auch in der Verwaltung agiler zu werden und sehr viel stärker vom Anwender her zu denken. Bürokratie ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: Je komplizierter ein Prozess, desto stärker sind finanzstarke Akteure im Vorteil, die sich im Zweifel die passenden Berater leisten können.

Transformation gelingt am besten in starken Kommunen. Niemand weiß so gut Bescheid, wie die Leute vor Ort. Ich halte die Forderung der Kommunen, die komplexe Förderlandschaft massiv auszudünnen und das Geld den Kommunen zur freien Verfügung zu geben, für den absolut richtigen Ansatz. Aufwendige Prüfungen könnten entfallen. Bei der Verteilung frei werdender Gelder wäre zu prüfen, inwieweit man gezielt vom Strukturwandel betroffene Gemeinden besonders unterstützen kann.